Museum Folkwang

Paula Rego – The Personal is Political. Museum Folkwang

Schonungslos, bewegend, politisch: Retrospektive der britisch-portugiesischen Künstlerin Paula Rego im Museum Folkwang

Mit der Ausstellung Paula Rego. The Personal and The Political widmet das Museum Folkwang vom 16. Mai bis zum 7. September 2025 der britisch-portugiesischen Künstlerin eine umfassende Retrospektive. Paula Rego (1935–2022) gilt als einer der bedeutendsten Malerinnen unserer Gegenwart. Ihr Werk verhandelt drängende Themen wie politische und sexualisierte Gewalt, Machtmissbrauch und soziale Ungerechtigkeit, körperliche Selbstbestimmung oder psychische Gesundheit. Im Mittelpunkt stehen die Rechte von Frauen und Kindern.

Schonungslos legt Paula Rego in ihrem Werk gesellschaftliche Missstände offen. Vergleichbar mit den Methoden der Frauenbewegung schafft sie ein Bewusstsein für strukturelle Missstände, die sich hinter vermeintlich privaten Problemen verbergen. Ihre Werke decken die Grauzonen und Abgründe des menschlichen Miteinanders auf und werden ausgehend von persönlichen Momenten zu Bildern kollektiver Erfahrung.

Kunst als politisches Instrument

Der Titel der Ausstellung nimmt Bezug auf den berühmten feministischen Leitspruch „The Personal is Political“ („Das Private ist politisch“). Er wird am Übergang von den 1960er- zu den 1970er-Jahren zum Ausdruck für einen Paradigmenwechsel in Politik und Gesellschaft. Die Formulierung dient als Klammer für die zehn Ausstellungskapitel, die die vielfältigen Themen und künstlerischen Perspektiven Regos widerspiegeln.

Der Rundgang durch die Ausstellung mit 130 Werken aus sieben Jahrzehnten zeigt eindrucksvoll, wie Rego ihre Kunst als politisches Instrument versteht. Maltechnik und Bildinhalt gehen dabei eine einzigartige Synthese ein. Rego experimentiert zeitlebens mit den unterschiedlichsten Medien. Charakteristisch für ihr Spätwerk ist das Pastell. Sie reaktiviert damit ein Malmittel, das lange Zeit als Medium von Amateurinnen galt und wertet es damit auf. Sie trägt es in vielen Schichten und unterschiedlichen Texturen auf, sodass ihre Bilder eine besonde Leuchtkraft entwickeln.

Der Raum The Personal is Restrained / Das Private ist gezügelt versammelt beispielsweise repräsentative Werke der 1950er-Jahre. Sie beschäftigen sich mit den Auswirkungen, die die Diktatur von António de Oliveira Salazar (1889–1970) auf die portugiesische Gesellschaft hatte. Die Papierarbeiten aus den 1970er-Jahren im Saal The Personal is Entangled / Das Private ist verstrickt markieren einen Wendepunkt in Regos Œuvre. Durch die Beschäftigung mit Märchen und Volkserzählungen wendet sie sich dem kollektiven Bewusstsein zu. In The Personal is Territorial / Das Private ist territorial wird die Familie als kleinste politische Einheit thematisiert. Bewusst liegt der Fokus auf weiblichen Familienmitgliedern, die in patriarchalen Strukturen dem Mann beziehungsweise Vater untergeordnet sind. Bei Rego haben die Frauen die Gewalt in der Hand. Der Raum The Personal is Grotesque / Das Private ist grotesk spiegelt Regos Auseinandersetzung mit den idealisierten Charakteren von Walt Disney wider. In ihren Bildern unterwandert Rego die Klischees und Schönheitsideale, die ganze Generationen von Menschen geprägt haben.

Die Abortion-Serie – Ein politsches Statement

Ihren Höhepunkt findet die Ausstellung in der bedeutenden Abortion-Serie (1998–2000), Regos persönlichem Beitrag zum Diskurs um die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Portugal. Diese Gruppe von unbetitelten Bildern entstand ab 1998 als Reaktion auf einen gescheiterten Reformversuch des portugiesischen Gesetzes. Die Ausstellung zeigt nicht nur den gesamten Radierzyklus, den Rego mit dem Gedanken an einen demokratischen Zugang zu ihren Bildern geschaffen hat. Dem Museum Folkwang ist es darüber hinaus gelungen, fünf von insgesamt elf Werken in Pastell zu vereinen. Fast alle Gemälde befinden sich in Privatbesitz und sind selten in größerer Anzahl zu sehen. Die Werke sollen zur öffentlichen Meinungsbildung beigetragen haben. Sie gelten heute als relevant für den positiven Ausgang des zweiten Referendums im Jahr 2007, durch das Schwangerschaftsabbrüche in Portugal bis zur zehnten Woche legalisiert wurden.

An Werken wie der Abortion-Serie zeigt sich, dass Regos Blick auf die Welt, trotz aller Kritik an der Gesellschaft, hoffnungsvoll war. Sie hat daran geglaubt, dass Kunst das Leben und sogar die politische Realität verändern kann. Mit diesem Gedanken findet die Ausstellung in Love (1995) ihr titelgebendes Motiv und ihren Schlusspunkt.

Die Fragen, die Paula Rego in ihrem Werk aufwirft, sind aktueller denn je – sie prägen bis heute den persönlichen und politischen Alltag vieler Frauen. Nach Einzelausstellungen zu Maria Lassnig, Joan Mitchell, Nancy Spero und Helen Frankenthaler widmet das Museum Folkwang mit Paula Rego einer weiteren weiblichen Schlüsselfigur der Malerei nach 1945 eine umfassende Retrospektive.

16. Mai – 7. September 2025

Museum Folkwang
Museumsplatz 1
45128 Essen

https://www.museum-folkwang.de

Text: (c) Museum Folkwang
Foto: Paula Rego, Love, 1995
Pastell auf Papier auf Aluminium, 120 × 160 cm
Courtesy The Estate of Paula Rego and Victoria Miro
© Paula Rego Estate

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